tagebuch

17

frau nanunana erklärt die wiesn, zweite abteilung

maibaumbarbie

die macht der tracht

seit meiner kindheit lastet ein fluch auf mir. ein dirndlfluch.

schuld daran ist susanne. susanne wohnte mit ihrer familie auf demselben stock wie wir und ich mochte sie von anfang an nicht leiden. susanne war einen kopf grösser und ihre grossmutter aus dem fichtelgbirge mein schicksal. die war schon etwas älter und hatte zwei enkeltöchter mit namen susanne. meine und eine andere in berlin. dass es ihre beiden söhne jenseits des mains verschlagen hatte, hat sie wohl nie wirklich verschmerzt. so machte sie es sich zur lebensaufgabe, die exilierten vierteljährlich an ihre wurzeln zu erinnern. nachdem gedrechselte kerzenleuchter und rustikale tischläufer auf wenig gegenliebe stiessen, entschloss sie sich, das übel bei der wurzel zu packen. fortan stattete sie ihre enkelinnen mit allem aus, was der dörfliche textilwarenladen hergab. das war nicht viel, vor allem waren es dirndl, rotweisskarrierte hemden und kniebundhosen.

meine susanne war die ältere und auch grössere von beiden susannes. leider hatte ihre grossmutter, obwohl die familie recht überschaubar war, irgendwann den überblick verloren. so ging das berliner päckchen mit schöner regelmässigkeit ins ruhrgebiet und umgedreht. da susanne schon früh freie auswahl in kleiderfragen durchgesetzt hatte und ein tauschgeschäft mit ihrer kusine verweigerte, kamen unsere mütter überein, statt dessen mich in dirndl und kniebundhosen zu stecken. die sachen waren unverwüstlich, der nachschub unerschöpflich und ich wurde mein eigener trachtenverein. irgendwann öffnete frau moser nicht einmal mehr die päckchen, sondern stellte sie uns einfach vor die tür. im gegenzug übernahm es meine mutter, die grüsse der grossmutter und die nachfragen nach dem wohlergehen der familie nach bestem wissen zu beantworten. frau moser schrieb die briefe ab und schickte sie ihrer schwiegermutter. wären wir 1969 nicht aus der jägerstrasse weggezogen, wäre ich wohl noch im dirndl konfirmiert worden.

zehn jahre später holte mich der fluch wieder ein. die vergabe der abiturszeugnisse stand an. damals war ich entschlossen, die schwarzwälder vivienne westwood zu werden, der anlass war günstig, der welt meine bestimmung zu beweisen. ich hatte ein rotes dirndl im kopf. der erste schwachpunkt des unternehmens war die materialwahl. das einzig rote in meiner nähe war eine wachstuchdecke meiner grossmutter. was mir an handwerklichem geschick fehlte, glich ich mit mut zur lücke aus, was dem stoff an menge fehlte, mit der kürze des rocks. auch für ärmel reichte es nicht mehr so ganz. ich behalf mir mit einer schwarzen strumpfhose, um die es nicht weiter schade war, da sie sowieso mehr aus löchern als aus nylon bestand. den rock verzierte ich über und über mit weissen traubenzuckerherzen, aber leider liess die dauerhafte verbindung von uhu, traubenzucker und wachstuch von anfang an zu wünschen übrig. krönung des ganzen war ein bollenhut aus dem fundus des swf. dazu spitze schwarze schuhe, deren pfennigabsätze genau den zentimeter zu hoch waren, als dass ich mit ihnen noch gross von der stelle hätte kommen können.

ich war zu dieser zeit schon von zu hause ausgezogen. je näher der termin rückte, umso häufiger wurden die anrufe meiner mutter, die jedes mal mit der besorgten frage endeten, ob ich denn schon wüsste, was ich anziehen würde. guten gewissens konnte ich ihr jedes mal antworten, dass ich es selbst noch nicht wisse, denn mein meisterstück wurde erst eine stunde vor veranstaltungsbeginn fertig. auf dem weg zur schule büsste ich einen absatz ein und die herzen fielen von mir ab wie reife trauben, so dass ich mit einiger verspätung ankam und einen etwas derangierten eindruck machte. mehr fliegenpilz als schwarzwaldmädel. ich war in der letzten gruppe, die nach vorne zum direktor gerufen wurde. mit meinem absatz in der hand humpelte ich erhobenen hauptes nach vorne. im saal wurde es schlagartig still. als ich die bühne erklommen hatte und die letzten traubenzuckerherzen von mir herabrieselten, tat es in der dritten reihe einen dumpfen schlag und eine frau, die meiner mutter verblüffend ähnlich sah, sank mit einem spitzen schrei zu boden.

der direktor nutzte die gunst der stunde, stiess in meine richtung einen italienischen fluch aus, drückte meinen kollegen wortlos ihre zeugnisse in die hand und verscheuchte acht verstörte sechstklässler, die den abend zu einem würdigen abschluss hätten bringen sollen. die veranstaltung wurde für beendet erklärt und die gäste leider um den letzten programmpunkt gebracht, dem gemeinsamen singen von 15 strophen »geh aus mein herz und suche freud«. die festgesellschaft verlies den saal. meine mutter ging mit schmerzverzerrten gesicht, ohne mich eines blickes zu würdigen, am arm meines vaters an mir vorbei. zwei tage später hatte ich herausbekommen, was mir mein direktor mit dem, was er gesagt hat, hatte sagen wollen. nach drei wochen lag für mich ein einschreiben bei der post. es war mein abiturszeugnis. aber das war nicht alles. dem brief lag noch ein zettel bei, unverkennbar in der handschrift meines direktors. es war ein rückwirkender schulverweis mit der wunderbaren begründung der "vorsätzlichen störung des häuslichen friedens durch unverlangte zusendung eines zweifelhaften kleidungstückes einer weibsperson, jünger. (drei nächte wohnzimmercouch. sie sind mir etwas schuldig!)".

viele jahre später bin ich dann doch noch zu einem richtigen dirndl gekommen. meine freundin heiratete in tracht und da sollte es sein. und ich muss sagen, dass ich es wirklich mag. es ist ganz schlicht, ein langer, handbedruckter rock mit flaschengrünem samtmieder und einem altrosa seidentuch. jedes mal, wenn ich es anziehe, stimmt es mich heiter. ich bewege mich anmutiger und die menschen schauen einen freundlicher an. eigentlich trage ich es viel zu selten. im moment ist es auf dem postweg nach hier verschollen. am dienstag bin ich das erste mal auf der wiesn verabredet. jetzt überlege ich mir die ganze zeit, ob ich nicht einmal herrn lindinger anrufen und mich nach meinem dirndl erkundigen soll. und ob ich eigentlich abitur habe.

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servus heimat

servus_heimat

obacht + obacht + obacht + obacht + ab morgen + obacht + obacht + obacht + oktoberfest im mädchenzimmer + obacht + obacht + obacht + frau nanunana erklärt die wiesn + obacht + obacht + obacht +

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strg, alt & entf

campic55

alles auf anfang. ein, zwei tage noch. ich komme wieder. schon bald.

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so müde

seit bald zwanzig jahren habe ich zwei träume, die mir meine nächte vergiften. alpträume, die ihren grund und traurigen sinn haben. immer wieder gibt es phasen, durchaus längere, in denen sie verschwunden scheinen. kaum glaube ich mich sicher, sind sie mit einem mal wieder da, heftiger als zuvor.

mit den jahren, vor allem seit ich weiss, wieso ich sie träume, haben sie sich verändert. waren es früher gesichtslose, körperlose schemen oder naturgewalten, die mich in eine aussichtslose situation zwangen, hat das grauen seit einiger zeit namen und gesichter, einen ort und eine zeit. vor knapp einer woche hat es wieder begonnen.

seither sehne ich mich nach einer einzigen schwarzen, traumlosen nacht. sie will nicht kommen.

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annas knie

anna_r

gestern nachmittag habe ich etwas sehr schönes gefunden. in der arcisstrasse um zwanzig nach zwei. ich habe gerade mein fahrrad abgesperrt und da seh ichs vor mir liegen auf der strasse, mittenmang: annas knie.

sechsundzwanzig rs. gibt es im münchner telefonbuch. zwölf habe ich angerufen. bislang habe ich zehn arm- und vier beinbrüche, ein schleudertrauma, fünf blinddarmoperationen, eine entfernte gallenblase sowie sieben schwangerschaften und eine vorletzte woche verstorbene grosstante beieinander. nur keine anna weit und breit. am montag telefoniere ich weiter.

fast wäre es ein wenig schade, wenn sie dann doch noch finde. wo ich mich schon so gewöhnt habe an annas knie.

7

rudolf

rudolf


ich habe den schönsten beruf der welt. er ist nichts besonderes. aber für mich ist er wie eine grosse wundertüte, die ich jedes mal aufs neue mit staunenden augen öffne. ich darf neugierig sein, den absurditäten des alltags nachspüren, überraschendes entdecken. vor allem aber lerne ich durch meine arbeit immer wieder menschen kennen und ihre geschichten. lebenswege, die mich heiter, traurig oder wütend, immer aber nachdenklich stimmen. es sind begegnungen auf zeit, irgendwann geht man wieder auseinander. was bleibt, sind erinnerungen an besondere augenblicke.

heute habe ich rudolf jäger kennengelernt. zwei stunden sassen wir beieinander. haben geplaudert, uns zugehört, fotos angeschaut, gelacht und geschwiegen. je länger ich bei ihm war, umso leichter und heiterer wurde mir zumute. zum abschied schenkte er mir eine weihnachtskarte mit einem bild von sich. wann immer ich sie heute angeschaut habe, musste ich lächeln.

als ich schon aus dem haus war, stand er auf dem balkon und rief mir zu, er habe noch etwas für mich. dann flatterte ein kleiner roter umschlag herunter. den ganzen tag habe ich ihn mit mir herumgetragen und mich gefragt, was wohl drin sein könnte. gerade habe ich ihn geöffnet. ich musste sehr lächeln.

kann mir bitte einer verraten,

wie man etwas, das 1 centimeter hoch wie breit, 2 centimeter lang ist und schwarz noch obendrein, auf dreissig quadratmetern mit jeder menge möglichkeiten zügig wiederfindet?

5

alla, wo springet se denn?

ich stamme aus einer familie von spielern. glücksritter waren sie alle, die meisten allerdings glücklose hassadeure. meiner grossmutter zum beispiel war in die hand geschrieben, dass sie im leben nicht in der lotterie gewinnen würde. klug wie sie war, kaufte sie sich nie wieder ein los. ihre familie aber bedachte sie bis zu ihrem tod reihum mit kleinen biglietten, denen ein lotterieschein beigelgt war und ein zettel mit den magischen worten: "los, los, dein glück ist nahe".

die familie meines vaters erlag den lockungen katharinas der grossen und wanderte nach russland aus. hundert jahre später kamen sie so arm, wie sie gegangen waren, wieder zurück. das einzige, was an dieses abenteuer erinnert, sind ein paar russische vornamen, die geblieben sind. die familie meiner mutter dagegen bestand aus echten zockern. haus & hof, und es gab viel davon, wurden verspielt und verwettet. was übrig blieb, verlor sich in windigen aktiengeschäften. in jeder generation gab es einen, dessen leib und leben vor aufgebrachten gläubigern gerettet werden musste und der diskret nach amerika expediert wurde. dort schienen einige ihr glück dann doch noch gemacht zu haben. über viele jahre kam immer mal wieder ein avis eines notars aus übersee, weil kinder und kindeskinder die ferne verwandschaft in ihrem testament bedacht hatten. mein grossvater hatte einen gutshof, fruchtbares land zwischen elbe und havel, und züchtete pferde. eigentlich nur arbeitstiere, aber irgendwann war er treuer kunde eines buchmachers geworden und wagte sich an vollblüter. wenn in hoppegarten renntag war, wurden in aller hergottsfrüh pferd und picknickkoffer ins auto gepackt und die famile fuhr ihrem sonntagsvergnügen entgegen. nach dem krieg war von dieser pracht ausser der ahnung vom pferd nicht mehr viel übrig.

ende der sechziger jahre zog unsere familie in die nähe von baden baden. meine eltern waren im paradies gelandet. lotto und toto für den alltag, spielbank am wochenende und zweimal im jahr: iffezheim. den familienurlaub, zwei wochen im jahr, eine im frühling, eine im herbst, verbrachten wir auf der rennbahn. während sich meine mutter auf ihren pferdeverstand verlies, damit mal mehr, meist aber weniger glück hatte, ging mein vater die ganze sache akribisch an. zwei monate zuvor begann er, rennergebnisse mit den vorhersagen zu vergleichen, statistiken wurden angelegt und irgendwann hatte er heraus, welches fachblatt die zuverlässigsten prognosen für das jahr hatte. danach schloss er seine wetten ab. und einmal landete er den grossen coup, allerdings etwas anders als geplant.

die einfachste wette beim pferderennen ist die auf sieg. man sagt, wer als erster durchs ziel geht und wenn dem so ist, hat man gewonnen. das gibt, wenn man nicht gerade auf einen krassen aussenseiter gesetzt hat und der das rennen macht, keinen allzu grossen gewinn. ähnlich ist es mit der platzwette, bei der man auch die zweit- und drittplazierten tippt. die hohe kunst der pferdewette ist die dreierwette. die gibt ordentlich quote, ist aber auch am schwierigsten, weil man den einlauf der siegreichen pferde in der richtigen reihenfolge vorhersagen muss.

bis vor etwa zehn jahren war in iffezheim alles wunderbar altmodisch, im grunde mehr morbid als mondän. man sass auf alten tribünen aus der belle epoque, die vorwetten wurden für jedes rennen von hand auf holzbretter gesteckt, die vorhersagen der zeitungen mit kreide auf eine grosse tafel geschrieben. für meinen vater gestaltete sich der renntag einfach. er wusste von vornherein, was er tippen würde. der wettschein war schnell ausgefüllt und so blieb ihm zeit für die sektbar, wo er jede menge freunde und bekannte traf und immer heiterer wurde. es war das vorletzte rennen des tages. jeder war den nachmittag über seiner wege gegangen, nur das rennen schaute man gemeinsam an, am verabredeten ort. weil ich damals noch die besten augen von allen hatte, bekam ich die wettscheine in die hand gedrückt und den auftrag, den überblick zu behalten. das rennen wurde gestartet. ich war von vornherein draussen, weil mein favorit gleich die startmaschine verweigerte und gar nicht erst mitlief. meine mutter scheiterte daran, dass ihr pferd ausbrach und disqualifiziert wurde. meine kusine hatte sowieso andere interessen und nicht gewettet, meine tante hatten wir nach dem dritten rennen an den sektstand verloren. alle hoffnungen ruhten auf meinem vater.

das feld blieb das ganze rennen über beieinander, die ersten beiden seiner pferde lagen in der richtigen reihenfolge mit längen vorne. leider kam sein drittplazierter an vierter stelle nicht so richtig voran. nach wenigen minuten war das rennen vorbei und mit der hoffnung war es ebenso. die glücklosen wettscheine wurden weggeworfen und wir waren schon wieder auf dem weg zum führring, als die glocke geläutet wurde. es hatte gegen den dritten platz einen einspruch gegeben und nun entschied richterspruch das rennen. ich wurde losgeschickt, den wettschein meines vaters wieder aus der mülltonne zu fischen, was mir mit einiger mühe auch gelang. es sollte sich lohnen. das dritte pferd meines vaters wurde auf den siegplatz gehoben. es war als aussenseiter ins rennen gegangen, die quoten schienen vielversprechend. als sie kamen, wurde mir schlecht. vor glück. mein vater wurde zum held der rennbahn und meine tante überlegte schon, ob sie sich von ihrem bruder nicht einen eigenen sektstand schenken lassen sollte, für die zukunft.

mir war der trubel zuviel. ich ging ein wenig abseits und dabei fiel mein blick auf die tafel mit den vorhersagen. was ich dort sah, konnte ich nicht glauben. die zeitung des vertrauens meines vaters hatte für das rennen 8 - 3 - 12 vorausgesagt, die siegreiche dreierwette lautete auf 8 - 3 - 1. womit der beweis erbracht war, dass der zu kurze blick mitunter ein weg ins glück sein kann. über jahre hin haben sich freunde und bekannte, kurz bevor es in iffezheim wieder losging, bei meinem vater sachkundig gemacht. ich weiss nicht, wieviel geld sie die tips meines vaters gekostet haben, mich aber hat mein schweigen eine kleine weile äusserst kommod leben lassen.

ich wäre heute so gerne dort. es ist der letzte renntag. ich würde freunde treffen und bekannte. und wetten, auf meine art. ich setze nur in grösster not auf meinen bescheidenen sachverstand. die erfahrung hat gelehrt, dass ich mit der kombination aus aussehen der jockeys, den namen der pferde und den farben der ställe am besten fahre. sollte es sie heute noch zum buchmacher verschlagen, kann ich also leider zu nix raten diesmal. aber den todsichern tip gibts hier. garantiert. hals & bein!

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questa bella passeggiata


der sommer war sehr gross (mp 3, 1.336 kb)

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knapp wars,

ganz knapp. sechzig minuten ab jetzt, um acht stunden zu wenig schlaf fort zu zaubern & dann gehts ein letztes mal ins getümmel. war schon eine woche die woche.
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ui. das dusi. sehen wir uns mal wieder? bye bye twoday....
nanunana - 31. Mai, 21:07
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Subhadip (Gast) - 15. Juli, 03:56
Sehr sehr süß. Nicht...
Sehr sehr süß. Nicht mehr und nicht weniger als das....
Sandra (Gast) - 9. Dezember, 13:52
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Christine (Gast) - 20. September, 13:18

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zuletzt aktualisiert: 17. Juni, 20:36

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